22.

Wer Michael McLain nicht leiden konnte, nannte ihn einen Zuhälter, allerdings nur hinter vorgehaltener Hand. Er war zu einflussreich, als daß man es gewagt hätte, dem alternden Sunnyboy etwas Beleidigendes ins Gesicht zu sagen. Wenn Sie nach Laura Richies Meinung fragen, würde ich zustimmen, würde das aber insofern erweitern, als er ein Zuhälter mit Rückzugsmöglichkeit ist. Wie Sy Ortis hielt Michael McLain nämlich an seiner ureigensten Bodega fest. Als junger Schauspieler hatte er schon erkannt, daß er nicht immer auf dem Strom des Ruhms würde dahintreiben können. Und er beschloß, etwas auszubauen, was ihm auch dann, wenn er nicht mehr wegen eines guten Films zum Gesprächsstoff wurde, die Aufmerksamkeit der Massen bescherte.

Was wäre dazu besser geeignet als eine liegende Position? Michael lebte nach der Devise, daß es nützlich war, stets die heißeste Hollywoodnummer in sein Bett zu bekommen. An erster Stelle rangierte seine Karriere als Filmstar, an zweiter sein Ehrgeiz, die schönsten, begehrtesten Frauen der Welt zu beschlafen und damit Schlagzeilen zu machen. Gute Arbeit, wenn es funktionierte. Arbeit war es allemal. Michael hatte nicht nur seine sexuellen Praktiken verfeinert, sondern auch die zahllosen kleinen Gesten des Liebeswerbens und des zärtlichen Liebesgeflüsters, die ihn unwiderstehlich machten für die Mädchen Hollywoods.

Sobald er an einer das Interesse verlor, zog er weiter. Wer hätte ihm das verübeln wollen? Schließlich handelte jeder so. Darum ging es ja bei dem Mädchen des Monats. Wer mag sich schon ewig von den gleichen Süßigkeiten ernähren? Sicher nicht Amerikaner. Die schätzen Abwechslung. Mal französische Pralinen, mal Zuckerwatte, mal Schokoriegel oder Nussschokolade. McLain war sehr vorsichtig. Er versprach den Damen nie etwas.

Michael lag auf dem faltbaren Massagetisch, den seine Therapeutin für die wöchentliche Sitzung mitgebracht hatte. Saubere Plastikschläuche lagen auf einem Tisch daneben. »Drehen Sie sich um«, verlangte Marcia.

Jede Woche verabreichte sie ihm, wie zwei Dutzend anderen Stars, einen hohen Einlauf. Michael bestand auf durchsichtigen Schläuchen, damit er sich davon vergewissern konnte, daß Marcia auch genügend herausspülte.

»Ein sauberer Darm ist ein gesunder Darm«, pflegte er zu sagen. Während er auf dem Tisch lag, kamen ihm die besten Einfälle. Trotz des unangenehmen Gefühls, wenn Marcia den Schlauch in seinen After schob, befriedigte es ihn ungemein, mitanzusehen, wie die Giftstoffe neben ihm herausliefen.

Zur Zeit beschäftigte ihn die Frage, wie er weiter vorgehen sollte. Er zweifelte keine Sekunde daran, daß er seine Wette mit Sy gewinnen und alle drei Mädchen der neuen Show haben konnte. Einfach würde es nicht sein. Michael sah sich jedoch als kampferprobten Recken und fand sich eigentlich nie mit einem Nein ab. Zudem lockte der schöne Preis. Nicht die Frauen. Schon seit langem empfand er sie eher als beschwerlich denn vergnüglich. Doch der Preis, den er begehrte, war sein Name vor dem von Ricky Dunn. Ricky war ein heißer Tip, so heiß, wie Michael vor zwanzig Jahren gewesen war. Was Ricky anfasste, wurde an den Kinokassen zu Gold. Wenn Michael vor Ricky rangierte und sich vor diesem Haufen von Sechzehn- bis Einundzwanzigjährigen in Szene setzen konnte, brauchte er in nächster Zeit nichts zu befürchten.

Wie konnte er bei den drei neuen Fernsehhübschen landen? Sein Darm verkrampfte sich plötzlich, als Marcia das Wasser aufdrehte. »He, pass' gefälligst auf!« rief er böse.

»Tut mir leid, Michael.«

Er veränderte seine Position auf den Knien etwas, den Po noch immer hoch in die Luft gereckt. Nun fühlte er den Wasserdruck in seinen Eingeweiden. »Aua!« schrie er und sah sich nach dem Plastikschlauch um, damit er kontrollieren konnte, ob diesmal mehr Fäkalien als gewöhnlich herausgeschwemmt wurden.

»Verzeihung, Michael. Haben Sie rohes Fleisch gegessen?«

»Nein, verdammt noch mal.« Er haßte es, für ihre Ungeschicklichkeit leiden zu müssen. Seit 1981 hatte er kein rohes Fleisch mehr gegessen. Es gab genügend Therapeuten, die sich darum reißen würden, seinen Darm zu spülen. Er zog die Knie noch enger an die Brust.

Wieder dachte er über die Mädchen nach. Er hatte Sharleen, die Blondine, gesehen. Die stellte ihn vor keinerlei Probleme. Er wußte bereits, daß sie mit einem Jungen zusammenlebte. Das störte ihn nicht. Er strebte ja kein Verhältnis mit ihr an. Wenn er alles gut vorbereitete, genügten wahrscheinlich schon zwei Verabredungen, um mit ihr zusammen fotografiert zu werden. Solche Leichtgewichte machten es auch im Auto. Damit ergab sich gleich ein Zeuge für Sy Ortis.

Jahne Moore, die Dunkelhaarige, erschien ihm da problematischer. Man munkelte, daß sie und Lila Kyle nicht gut miteinander auskamen. Jahne Moore stammte aus New York und bildete sich viel auf ihre Schauspielerei ein. Vielleicht schaffte er es über diese Schiene.

Von den dreien machte ihm Lila Kyle das meiste Kopfzerbrechen. So leicht ließ die sich nicht beeindrucken. Zwar konnte sie sich nur mit einer Fernsehshow brüsten, die noch nicht einmal gesendet worden war. Doch sie kannte sich in dem Milieu aus. Ihr ganzes Leben hatte sie darin verbracht. Er hatte bereits viel über ihr zickiges Benehmen gehört und daß Marty DiGennaro hinter ihr her war. Michael mußte sich also etwas einfallen lassen, um für sie attraktiv zu werden. Vielleicht konnte er Lila für die Rolle mit Ricky Dunn interessieren. Von den drei Frauen hielt Michael Lila für die einzige, mit der sogar ein Verhältnis ganz nett wäre. Wenn Ricky das Mädchen in einem Film bekam, er, Michael sie aber in natura, konnte er sich damit gut anfreunden. Auch wenn die Fernsehshow den Bach hinunterging, gehörte Lila zur neuen Generation der gekrönten Hollywoodhäupter. Eine Aufnahme mit Lila bedeutete, daß er noch lange den jungen Liebhaber mimen konnte. Vor zwanzig Jahren hatte er mal einen heftigen Flirt mit Theresa O'Donnell gehabt. Damals stand er gerade auf ältere Frauen. Sie war wie eine Furie im Bett über ihn hergefallen. Von der Tochter erwartete Michael etwas ähnliches.

Das Geräusch des Gerätes für seine Darmspülung erstarb. »Fertig?« fragte er.

»Sauber wie eine Flöte«, meldete Marcia.

Sharleen hörte den Baseballschläger auf den Kopf ihres Vaters fallen. Einmal, zweimal. Sie schloß die Augen, hörte eine Sirene. Nein, das Telefon. Sie träumte. Doch das Geräusch blieb. Schlaftrunken erkannte sie, daß sie wach war, und das Telefon neben ihrem Bett klingelte. Sie sah auf die Nachttischuhr. Halb neun Uhr abends. Sie und Dean lagen meist schon um acht Uhr im Bett. Sharleen mußte ja schon um fünf Aufstehen. Die drei jungen Hunde kuschelten sich tiefer in die Decke. Sie hatten es sich, wie üblich, am Fußende der Retten bequem gemacht.

Sharleen löste Deans Arm von ihrer Taille und griff nach dem Hörer. »Hallo?«

»Spreche ich mit Sharleen?«

»Ja.« Nur Sy Ortis, Mr. DiGennaro und Lenny, ihr Manager, kannten ihre Geheimnummer. Allerdings auch Dobe, falls er seine Post inzwischen abgeholt hatte. Doch die Stimme paßte zu keinem. Irgendwie klang sie aber doch nicht fremd.

»Hier spricht Michael McLain. Habe ich Sie zu einer schlechten Zeit erwischt?«

»Woher haben Sie meine Nummer?« Michael McLain, wenn er es wirklich sein sollte, besaß ihre Nummer nicht.

»Von Sy Ortis. Er ist auch mein Agent. Verzeihen Sie, daß ich mich Ihnen so aufdränge. Störe ich Sie sehr?«

»Sind Sie wirklich Michael McLain?« vergewisserte Sharleen sich. Er lachte. Und daran erkannte sie ihn. Sie setzte sich. »Sind Sie sicher, daß Sie mit der richtigen Person sprechen?«

»Wenn Sie Sharleen Smith, Star aus DiGennaros neuer Fernsehserie sind, ja.«

Dean wurde unruhig. Er war um acht Uhr abends total ausgepowert ins Bett gefallen, nachdem er ihr neues Haus gestrichen hatte. Er hatte nicht einmal essen wollen, abgesehen von dem Big Mac, den Sharleen ihm mitgebracht hatte. Deans Müdigkeit kam Sharleens Erschöpfung gleich. Nach sechs Tagen Dreharbeiten freute sie sich auf den kommenden freien Tag. »Mr. McLain, bitte warten Sie einen Moment. «

»Gern.«

Sharleen legte den Hörer beiseite und stand auf. Sie waren jetzt so reich, daß sie ein Telefon im Wohnzimmer, in der Küche und sogar im Badezimmer hatten. Sie zog die Decke über Dean und verließ auf Zehenspitzen das Schlafzimmer. Das Wohnzimmer war noch nicht eingerichtet. Sie machte Licht und zuckte zusammen, als die sechs nackten Birnen das Zimmer in kaltes Licht tauchten. Im Schneidersitz ließ sie sich auf dem Boden neben dem Telefon nieder.

»Danke, daß Sie gewartet haben, Mr. McLain.«

»Nennen Sie mich Michael. Sind Sie allein?«

Sharleen befand sich ja tatsächlich allein in dem leeren Zimmer. Dean schlief nebenan. Also bejahte sie die Frage. Offenbar ging es ja um Berufliches.

»Gut. Was halten Sie von einem Abendessen mit mir?« »Ja, natürlich gern. Wann denn?«

»Wie wär's mit heute abend?«

»Ich hab schon gegessen.« Es war inzwischen neun Uhr. Normale Menschen aßen um fünf oder sechs Uhr. Sie wollte Mr. McLain keine Abfuhr erteilen. Doch konnte sie überhaupt ausgehen und Dean alleinlassen?

»Wie sieht es denn mit einem Drink aus?«

»Alkohol trinke ich nicht. Aber wenn es Ihnen recht ist, können wir ja einen Kaffee zusammen trinken.«

»Sehr gut. Ich hole Sie in zwanzig Minuten ab.«

»Sagen wir lieber eine halbe Stunde. Ich muß mich noch umziehen.«

Sharleen blieb nach dem Gespräch regungslos sitzen. Das kann doch nicht wahr sein, dachte sie. Michael McLain ruft doch keine fremden Mädchen aus dem Nichts heraus an und lädt sie ein. Andererseits gingen die Uhren in Hollywood anders, und sie war nun ein Star.

Endlich sprang sie auf und lief über den glatten Parkettboden ins Schlafzimmer. Jetzt achtete sie nicht darauf, ob sie Dean weckte. Sie mußte etwas Passendes anziehen. Aus einer der noch unausgepackten Umzugsschachteln zog sie eine rauchblaue Seidenbluse und weiße Jeans.

Im Badezimmer verwendete sie etwas flüssiges Make-up, wie es ihr Marc von der Maske gezeigt hatte, stäubte ein wenig Rouge über die Wangenknochen, bürstete ihr Haar und band es in einem Pferdeschwanz mit einem blauen Seidentuch zusammen.

Als sie wieder ins Schlafzimmer zurückkehrte, wachte Dean auf. »Was ist denn, Sharleen?«

»Schlaf weiter, Liebes. Ich muß mal kurz weg. Geschäftlich.«

»Du arbeitest zuviel«, murmelte Dean und schlief schon wieder ein.

In der warmen Nacht überlief Sharleen ein wohliger Schauer. Sie stand auf ihrem eigenen Besitz. Sie hatten sich ein hübsches Haus mit Garten und Swimmingpool gekauft. Momma, dachte sie, ich habe jetzt sogar eine Verabredung mit deinem Lieblingsfilmstar.

Sharleen setzte sich auf einen Stuhl hinter dem schmiedeeisernen Gitter vor der Haustür. Von hier aus konnte sie die Auffahrt überblicken. Lenny hatte das Haus für sie ausgesucht. Es gefiel ihr und Dean sehr. Sie winkte Bert, dem Mann vom Sicherheitsdienst dieses Viertels zu. Ein Wagen näherte sich, ein prachtvolles Fahrzeug: schwarz und mit Chrombeschlägen, die wie echtes Silber gleißten.

Bert ging auf den Wagen zu, sprach mit dem Fahrer, tippte an die Mütze und winkte ihn weiter.

Michael McLain stieg vor dem Haus aus. Er ergriff Sharleens Hände. »Sie sind also Sharleen Smith.«

»Ja, und Sie Michael McLain.« Sie blickte in die berühmten blauen Augen des Filmidols.

Der Fahrer hielt Sharleen die Tür auf, und sie stieg ein. »Wohin fahren wir denn?« fragte sie, obwohl es ihr gleichgültig war. Sie wäre McLain überall hin gefolgt.

»Sind Sie noch immer am Kaffee interessiert?«

»Ja. Kennen Sie da etwas?«

»Genau das richtige. In West Hollywood.«

»Dort war ich noch nie.«

»Die Geschäfte auf der Melrose Avenue sind völlig anders als die im übrigen L.A. Jetzt sind natürlich fast alle geschlossen. Aber wir können einen Schaufensterbummel machen.«

Sharleen konnte sich noch nicht recht vorstellen, daß Michael McLain sich in der Öffentlichkeit mit ihr zeigen wollte.

Er plauderte locker: »Sie werden in den Boutiquen das Schickste und Modernste finden. An sich brauchen Sie das alles gar nicht. Sie sind auch so schon hinreißend.«

Das Kompliment verwirrte sie. Sie lachte verlegen.

Er fragte nach der Show, ihren Kolleginnen und was sie gemacht hatte, bevor sie die Rolle bekam. Es wäre eine richtig nette Unterhaltung gewesen, hätte Sharleen nicht so nervös darauf geachtet, weder von Dean, noch ihrem Daddy oder Lamson zu sprechen.

Michael hatte nicht übertrieben, als er die Geschäfte lobte. Hier konnte man auch den ausgefallensten Geschmack befriedigen. Sharleen kam aus dem Staunen nicht heraus.

Sie gingen in ein Café, in dem »man« sich traf. Michael begrüßte die Besitzerin mit Namen. Sie wurden zu einem Ecktisch im rückwärtigen Teil des Cafés geleitet. Michael bestellte Cappuccino. Für Sharleen war das etwas Neues. »Alle starren Sie an«, stellte sie fest.

»Nein, Sharleen. Ich bin hier bekannt. Man starrt Sie an«, verbesserte Michael.

Nachdem der Cappuccino serviert worden war, entschuldigte Michael sich und verließ das Restaurant. Sharleen klopfte das Herz. Ließ er sie nun sitzen? Mußte sie ein Taxi rufen oder Dean bitten, sie abzuholen? Doch ihre Sorge erwies sich als grundlos. Michael kam zurück.

»Ich glaub es noch nicht, daß Sie mich angerufen haben. Hat Mr. Ortis Sie dazu aufgefordert? Er meint nämlich, ich ginge nicht oft genug aus. Aber das neue Haus, die Arbeit und Lernerei für die Rolle...«

Michael nahm lächelnd eine kleine Schachtel aus seiner Jackentasche und reichte sie ihr.

»Was ist das?« fragte sie, ohne nach dem Geschenk zu greifen.

»Ein Geschenk für Sie. Sozusagen ein Begrüßungsgeschenk von L.A. Machen Sie es ruhig auf.«

Sharleen löste die Schleife und wickelte die Schachtel aus. »Oh Michael!« Sie starrte auf eine zarte Goldkette mit einem Anhänger: Drei Sterne waren um einen Brillanten in der Mitte angeordnet. »Wunderschön«, sagte sie leise. »Aber ich kann das nicht annehmen.« Doch sie wünschte es sich sehr.

»Sie verletzen mich, wenn Sie es nicht behalten. Und ich kann es auch nicht zurückbringen.«

»Danke.« Sharleens Augen wurden feucht. »So was hab' ich noch nie gesehen.«

Michael lächelte stolz. »Kein Wunder. Das habe ich ja für Sie anfertigen lassen.«

»Wirklich? Warum nur?«

» Weil Sie ein Star sind, einer von dreien. Doch nach allem, was ich gehört habe, sind Sie der Brillant.«

»Nein, nein!« Sie errötete vor Freude. Bisher hatte sie eigentlich geglaubt, sie sei die unbedeutendste von ihrem Trio. Doch Michael McLain hatte sie angerufen.

»Tragen Sie es als Glücksbringer.« Er legte die Kette um ihren Hals. »Was halten Sie davon, wenn Sie Ihren Kaffee austrinken? Ich möchte Ihnen noch etwas zeigen.«

»Ich bin schon fertig.« Sharleen sprang auf. Sie fand diesen Abend traumhaft.

Auf dem Weg zum Ausgang folgten ihnen viele Blicke. Doch Sharleen wußte noch immer nicht genau, ob sie ihr oder ihrem Begleiter galten.

Dann standen sie im Dunkeln. Doch es blitzte dreimal kurz hintereinander auf. Sie erschrak. »Das sind nur Reporter. Sie werden morgen Ihr Bild in allen Zeitungen sehen«, prophezeite Michael.

Im Auto wollte Sharleen wissen: »Warum sind Sie nur so nett zu mir? «

Er lächelte. »Weil Sie neu in der Stadt sind und jemanden brauchen, einen Freund, der Sie hier ein bißchen einführt. Außerdem ist es sehr leicht, Sie gern zu haben.« Er legte ihr die Hand für einen kurzen Augenblick auf das Knie.

Eigentlich fand Michael es zu einfach. Fast langweilig. Eine wie Sharleen konnte sich in dieser Stadt nicht halten. Immerhin gab es nun schon Bilder von ihnen beiden, auf denen man die Kette um Sharleens Hals sah. Das würde Sy schon genügen. Doch Michael sagte sich, daß er schließlich seine Aufgabe bis zum Ende erfüllen konnte. Immerhin war die Kleine hübsch.

Er vergewisserte sich, daß der Champagner in der Konsole des Rolls eisgekühlt war. Jim bewährte sich. Er fuhr Michael nun seit sechs Jahren in diesem Rolls Royce herum, hielt das Fahrzeug in einem Topzustand und half seinem Chef diskret bei dessen Liebesabenteuern. Ohne daß er dazu eine Anweisung erhalten hätte, fuhr er die Berge hinter Hollywood hinauf zu einer Stelle, die Michael schon oft zum gleichen Zweck benutzt hatte.

»Ist das schön bei Mondschein! Hier oben war ich noch nie«, bekannte Sharleen. »Können wir nicht irgendwo anhalten? Ich möchte auf die Stadt hinuntersehen.«

»Ein guter Gedanke. Jim wird zu einem kleinen Parkplatz oben auf dem Berg fahren. Von da aus hat man eine sagenhafte Aussicht.«

Die Aussicht lohnte tatsächlich. Obwohl Michael nun schon jahrelang eine Frau nach der anderen hier heraufbrachte, überwältigte ihn der Blick auf »seine« Stadt noch immer. Sie lag ihnen mit ihren glitzernden, blinkenden Lichtern zu Füßen, und Sharleen seufzte hingerissen. Jim hielt an.

»Ich schlage vor, wir gehen dort zu dem Felsvorsprung«, schlug Michael vor. Er nahm die Flasche Moët und zwei Champagnerflöten, die griffbereit in der Halterung hingen und ging Sharleen voraus.

Ausnahmsweise gab es keinen Smog. Klare Luft, erfüllt von starkem Eukalyptusgeruch. Sharleen ging bis zum Ende des Plateaus. »Nein, so was!« staunte sie.

Hinter ihr öffnete Michael die Flasche mit einem gekonnten Plop und reichte Sharleen ein gefülltes Glas. »Das ist Champagner. Sie sagten, daß Sie nicht trinken. Doch das ist kein Alkohol. Es ist, als tränke man den Mondschein, und man muß immer einen besonderen Anlaß haben, um ihn zu trinken. Wie unsere Freundschaft. Versuchen Sie mal!« Er setzte sein gewinnendstes Lächeln auf.

Sharleen nippte an dem kalten Getränk und verzog die Nase. »So schmeckt also Champagner. Ich weiß gar nicht, warum darum so viel Aufwand gemacht wird. Er schmeckt wie richtig saurer Ginger Ale.«

Michael lachte. »Mit der Zeit schmeckt er immer besser. Setzen Sie sich doch! Von hier aus sehen Sie auch alles.«

Wortlos hatte Jim eine Decke und Kissen aus dem Rolls gebracht, alles an der richtigen Stelle ausgebreitet und sich dann in den Wagen zurückgezogen. Sharleen setzte sich auf das weiche Kissen und trank noch einmal. Versonnen meinte sie: »So was sieht man im Film, glaubt aber nicht, daß es das wirklich gibt oder man es selbst mal erlebt. Aber ich darf es erleben.«

Sie ist wirklich süß, dachte er und fand seine Aufgabe nicht mehr so mühsam. »Ich trinke auf dich, Sharleen! Jetzt gehörst du zu Hollywood.« Die Gläser klirrten.

Sharleen trank wieder. »Ich fühle mich richtig glücklich.«

»Darum mögen alle Champagner. Er hilft ihnen, sich glücklich zu fühlen.« Er goß ihr noch einmal nach. »Trink noch etwas. Ich fülle dir nur das Glas auf.«

Sharleen nahm gleich zwei Schlucke und hustete. Michael klopfte ihr sanft auf den Rücken. »Ich hab nur zu schnell getrunken«, entschuldigte sie sich.

»Trink lieber einen Schluck nach. Dann hört der Husten auf.«

»Macht mich das nicht betrunken?« murmelte sie.

»Nur wenn du viel davon trinkst. Und wir teilen uns ja die Flasche.« Sharleen hatte nicht gemerkt, daß er sie duzte, doch das spielte auch keine Rolle mehr. Michael bediente Sharleen erneut, hielt sich aber selbst zurück, weil er um seine Kondition nachher fürchtete. So wie früher konnte er nicht mehr Alkohol mit Sex vereinen.

»Ach, geht es mir gut! Mir ist, als könnte ich jetzt eine dieser Sterne direkt vom Himmel holen.« Ihre Stimme klang etwas verschwommen. Michael wußte, daß es für ihn Zeit wurde zu handeln.

Er legte den Arm um sie. »Ich habe noch nie ein Mädchen wie dich kennengelernt, Sharleen.« Er küßte sie sanft auf die Lippen, merkte, daß sie zurückwich und hielt ihren Kopf von hinten fest. Langsam, Michael, befahl er sich.

»Du bist so schön! Viel schöner als die anderen Mädchen. Und so süß!« Er trank sein Glas aus, und Sharleen folgte seinem Beispiel. Dann füllte er noch einmal nach. »Stoßen wir auf deinen Erfolg an! Ich weiß, daß du ein sehr großer Stern am Himmel sein wirst.«

»Danke.« Er bemerkte Sharleens glasigen Blick, den üblicherweise Champagner, Geschenke und Michael McLains Charme zu erzeugen pflegten. Sie sah wie ein verschrecktes Kaninchen aus, das in die Scheinwerfer eines Autos sieht. Ein sehr niedliches Kaninchen. »Ich werde dir in jeder Weise helfen, Sharleen. Ich kann dir viele Geheimnisse beibringen.« Er umarmte sie, und diesmal wich sie nicht zurück. Langsam, sehr langsam, legte er sich mit ihr auf die Decke zurück. »Laß mich dich richtig liebhaben, Sharleen.« Er rollte sich auf sie.

Sharleen sah zu Michael hoch, sah aber nur den Sternenhimmel. Sie würde ein großer Stern am Himmel werden, hatte Michael gesagt. Vielleicht brauchte sie in Zukunft keine Angst mehr zu haben. Keine Angst, ihre Stellung zu verlieren, keine Angst vor Lila, die so gemein sein konnte, keine Angst vor Jahne, die ihr geistig so überlegen war und keine Angst vor der Polizei oder davor, daß man hinter Deans und ihr Geheimnis kommen könnte. Michaels warme Hand strich über ihre Bluse. Es fühlte sich anders an als bei Dean. So machten das offenbar Filmstars, überlegte sie. Doch sehr klar konnte sie nicht mehr denken. Michaels Lippen schmeckten nach Champagner. Er fuhr mit der Hand unter ihre Bluse und strich über ihre Haut. Dann legte er sein Gesicht auf ihren nackten Bauch, küßte ihren Nabel und die Stelle darunter, kurz darauf wieder ihren Nabel. Sie hätte fast gelacht. Sharleen hörte, wie ein Reißverschluß aufgezogen wurde und merkte, daß es ihrer war.

»Nein!« wehrte sie sich. Ihr Ausruf hatte sie selbst aus einem Traum geweckt. Das wollte sie nicht. So weit durfte es nicht gehen. Jetzt war es kein Traum mehr.

»Doch«, flüsterte er. Mit der einen Hand hielt er ihren Kopf zurück, mit der anderen drückte er ihre Schulter auf das Kissen.

»Hast du mich nicht lieb, Baby?« schmeichelte er.

»Ja, doch, aber...« Er verschloß ihren Mund mit seinen Lippen.

»Mehr als ja brauchst du nicht zu sagen«, flüsterte er.

Lieber Gott, sie wollte ihn doch nicht verletzen. Hatte sie ihm einen falschen Eindruck vermittelt? Das hatte sie nicht beabsichtigt. Sie kannte ihn doch kaum. Er suchte mit den Lippen ihre Brustwarzen. Dann küßte er wieder ihren Bauch. Sie versuchte ihn zurückzudrängen. Doch da überfiel sie wieder der Traum. Die Sterne begannen sich zu drehen. Ihr war, als glitte sie auf einer Wolke über die Stadt.

Michael schlüpfte gekonnt aus seiner Hose. Seine Lippen glitten tiefer und tiefer. Sharleen fühlte, wie sich die Spitzen ihrer Brust verhärteten, weil nun die kühle Nachtluft ihre Haut erreichte. Michael zwickte leicht die Warzen zusammen. Lustvoll, wenn auch unbewußt, bewegte sie ihre Hüften.

Sharleen schloß kurz die Augen. Tränen brannten hinter ihren Lidern und rannen über ihre Wangen. Was machte sie da? Was machte Michael mit ihr? Alles drehte sich nun schneller.

»Der Fahrer Jim, Michael! Der kann uns doch sehen. Hör bitte auf!« flehte sie.

»Niemand kann uns sehen.« Er drückte ihre Beine auseinander, bewegte sich nun rhythmisch. »Nein«, protestierte sie. »Bitte nicht.« Doch es war schon zu spät.

»Niemand kann uns sehen«, versicherte ihr Michael, gerade als Jim lautlos die Infrarotkamera aus dem Handschuhfach des Rolls nahm.

Die schoenen Hyaenen
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